Von meiner künstlerischen Arbeit - Fortsetzung

 
  ... Erinnerungen dieser Art sind Schätze im Unbewussten, die mein Schaffen anregen. Die Farbe - und damit die Form als nicht davon zu Trennendes - steht für mich im Mittelpunkt meiner Malerei. Manchmal werde ich direkt von einem bestimmten Material inspiriert, Fundstücke aus der Natur oder Abfälle. Dies ist allerdings nur der Anfang. Im Malprozess lasse ich mich von dem leiten, was da ist und von einer im Unbewussten existierenden "dunklen Totalidee des Ganzen". Ich trete in Zwiesprache mit dem Bild, mit dem was ich bereits geschaffen habe: Klingt es? Wie ist das Licht? Die Wärme? Was ist der nächste Schritt? Freiheit (nicht blindes drauflos Arbeiten oder Willkür) und Unvorhersehbarkeit sind die Begleiter. Nicht selten gehen meine Bilder durch den Tod; die Farbe ist verschüttet und müde geworden und es bedarf der liebevollen Zuwendung, damit Neues erwachen kann. Das sind die mühsamsten Phasen, die auch das Scheitern, Aufgeben beinhalten. Doch wenn es gelingt, das Bild durch den Nullpunkt zu begleiten, aufersteht es mit vertieftem Ausdruck, mit Schönheit seiner Eigenart, nie dagewesen (auch nicht in der Vorstellung) und nie zu wiederholen.
Das sind die glücklichen Momente.

Noch eine Anmerkung zum verwendeten Material: Seit vielen Jahren stelle ich immer wieder auch meine Farben selbst her, sammle farbige Erden, Rinden oder andere Pflanzenteile und experimentiere damit. Ebenso wichtig sind mir Untergründe, die nicht "von der Stange" kommen; krumme Bretter aus Abfallkisten oder Bettlaken und Tischdecken meiner Oma. Diese schaffen mir tragfähige Ausgangspunkte bzw. -flächen.

In meinen Malwerkstätten für Kinder ist es schon Tradition, dass auch Farben selbst zubereitet werden. Damit wächst ein Verständnis für den Ursprung der Dinge und eine Rückbindung an Wesentliches.
Es geht mir in allen Malwerkstätten (für Kinder, Jugendliche, Erwachsene) darum, den Teilnehmern die Möglichkeit, den Raum zu geben, das ureigene kreative, schöpferische Potential zu erfahren und zu entfalten. Sich auf Unbekanntes einlassen; bestimmte Farben oder Techniken ausprobieren können; dem Wesen der Farben näher kommen können. Auflösen von alten Vorbehalten oder Vorurteilen - hin zu Spielen, Staunen, Horchen, Empfinden, Erschaffen.
In Anlehnung an Paul Klee könnte man sagen: "die Seele an einen Tisch setzen, an dem sich ihre hungernden Nerven nähren können und ihre erschlaffenden Gefäße mit neuem Saft erfrischen", also ein echter Ausgleich zu einem hektischen Alltag, einer schnelllebigen, reizüberfluteten Zeit.


© 2003 Karin Berndt